Dank der Gentrifizierung der letzten Jahre – und dazu kann man jetzt stehen, wie man will – mausert sich der Lendplatz immer mehr zu einem kulinarischen Hotspot von Graz. Ich war allerdings diesmal in keiner der hippen Locations, die hier aus dem Boden sprießen, sondern in einer Gaststätte, die es dort, zumindest laut deren Website, bereits seit dem 17. Jahrhundert gibt: im Lend-Platzl. Was für eine Schande, dass ich es erst vor kurzem zum ersten Mal dorthin geschafft habe. Beim ersten Besuch war ich leider nicht wirklich hungrig und aß nur einen kleinen Steaktoast. Der war gut, aber eignete sich nicht wirklich für eine Kritik.
Beim letzten Besuch habe ich mir allerdings Hunger aufgespart und schöpfte aus dem Vollen. Naja, nicht ganz. Ich habe keine Suppe gegessen. Denn meist ist es so, dass ich nach einer Suppe völlig satt bin. Daher lass ich die meistens aus. Meine Begleitung hatte aber Lust auf eine solche und bestellte sich eine Kürbiscremesuppe, die sehr gut aussah und laut seinen Angaben auch sehr gut schmeckte.
Während er die Suppe aß, ließ ich meinen Blick durch den Gastraum schweifen. Wir saßen im Wintergarten, der sehr liebevoll herbstlich dekoriert war. In den Fenstern saßen jede Menge Füchse und Eichhörnchen – und auch wenn sich das jetzt eher kitschig anhört, war es das gar nicht. Es war im Gegenteil sehr stimmig – finde ich zumindest. Auf den Tischen standen Zierchilis. Eine der Mitessenden überlegte, ob man die vielleicht nicht auch als scharfe Extrawürzung verwenden könnte. Wir haben uns dann aber dagegen entschieden. Wobei: Die eine oder andere Chili fehlte schon auf den Sträuchern. Ich nehme an, dass einige Gäste vor uns schon dieselbe Idee hatten. Das einzige, was nicht ganz zum steirisch-herbstlichen Ambiente passte, war der Kaffeesack, der als Deko an der Wand hing. Ich nehme an, dass es dazu vermutlich eine Geschichte gibt. Auf den ersten Blick wirkte er aber auf jeden Fall etwas fehl am Platz.
Danach kam dann der erste Gang, den ich bestellt hatte. Und das war Zanderfilet auf gebratenem Gemüse mit Reis.
Der Zander war super auf den Punkt gebraten, die Haut richtig knusprig. Das Gemüse, dass sich auf dem Foto eher unter dem Fisch versteckt, war angenehm würzig und gut. Im Reis versteckten sich allerdings ein paar harte Körner. Den hätte man noch ein bisschen länger köcheln können. Ansonsten aber harmonierte alles. Vor allem war auch die Menge Reis perfekt. Viele Gasthäuser verfahren bei den Beilagen ja eher nach dem Motto: Masse statt Klasse. Das macht mich immer ganz unrund, da ich Verschwendung hasse, niemand diese Unmengen essen kann und dann die Hälfte davon im Müll landet. Ich war sehr angetan von dem Gericht. Meine Begleitung aß ein Wiener Schnitzel, in Butterschmalz gebraten. Ich konnte mir einen Bissen erschnorren. Das Schnitzel war ebenfalls sehr gut. Mir persönlich war das ganze einen Tick zu buttrig. Er war auf jeden Fall begeistert.
Das Lend-Platzl ist übrigens ein Nichtraucher-Lokal. Das fällt mir an der Stelle deswegen ein, weil ich nach der Hauptspeise in den wunderschönen Gastgarten ging, um eine zu rauchen. Der dürfte im Sommer sehr gemütlich sein. Als wir dort waren, war das Wetter eher naßkalt, daher konnte ich nicht ausprobieren, wie es ist, dort zu speisen. Aber ich bin mir sicher, dass ich im Sommer noch einmal wiederkommen werde. Es wird dann sicher Fotos auf Instagram geben. Den Link zum Instagram-Account finden Sie übrigens oben am Header der Seite. Einfach mal hinschauen, da gibt’s immer wieder nette Fotos – aber auch dort keine perfekten.
Da ich ja alles ausprobieren wollte, gönnte ich mir danach auch noch eine Nachspeise. Es wurde von allem etwas geboten.
Die Preise für die gebackenen Apfelscheiben und den Kaiserschmarren fand ich persönlich sehr heftig, zumal das Lokal sonst nicht allzu teuer ist. Aber gut: Ich habe keine Ahnung, wie groß die Portionen sind. Wenn das Portionen sind, die einer Hauptspeise würdig wären, sind auch die Preise gerechtfertigt.
Ich habe in klassischer Manier die Eiskarte durchgeschaut. Das mache ich immer. Ich schaue mir die Eiskarten an und gustiere, nur um dann doch einen Coupe Dänemark zu bestellen. So auch dieses Mal:
Gut war er. Das Mischungsverhältnis zwischen Schlagrahm und Eis war gut. Die Schokoröllchen waren auch sehr nett. Leider war die Schokosauce nicht selbst gemacht. Aber das hatte ich nicht anders erwartet, da man leider so gut wie nie selbstgemachte Schokosauce erhält.
Das Essen war sehr gut, das Personal sehr freundlich. Was mich am Lend-Platzl aber noch begeistert, gerade zur Grippesaison, ist das relativ berührungslose WC. Die Türen sind zwar händisch zu öffnen, ansonsten funktioniert aber alles berührungslos – auch die WC-Spülung! Das ist schon recht fein, muss ich sagen.
Ein Besuch im Lend-Platzl lohnt sich auf jeden Fall. Da das Lokal zumindest an den beiden Malen, wo ich bis jetzt dort war, immer sehr gut besucht ist, kann es nicht schaden, einen Tisch zu reservieren, wenn Sie dort hingehen.
Mein Fazit: Ich werde dem Lend-Platzl sicher noch mehrere Besuche abstatten. Soviel ist sicher.
Meine völlig subjektive Bewertung: 8 von 10 Kernölflecken.