Miss Cho, Graz

Jetzt haben wir es doch tatsächlich einmal in einen angeblichen Gourmettempel geschafft. Im Keller des Landhauskellers residiert die hippe Miss Cho. Gehört und gelesen habe ich schon viel darüber. Zeit, mir selbst ein Bild zu machen, hatte ich erst jetzt.

Das Lokal ist sehr hipp eingerichtet. Auf der Homepage sieht man das auch sehr schön. Da es im Lokal recht dunkel ist, konnte ich nicht wirklich schöne Fotos machen. Wir hatten dann auch so ziemlich den dunkelsten Tisch im Lokal. Daher entschuldige ich mich schon jetzt für die Fotos, die das Essen nicht wirklich farbgetreu wiedergeben, da ich sie gnadenlos nachbearbeiten musste, damit man darauf überhaupt etwas sieht. An einer Wand befinden sich Mini-Terrakottakrieger. Hinter uns war ein großes Wandgemälde im japanischen Stil, das leichte Tentakelporn-Anklänge hatte. Ein künstlicher Baum steht auch im Raum. Eigentlich schön, aber eigenartig für ein Restaurant. Ein Teil der Küche ist eine Schauküche, in der man den Köchen beim Arbeiten zuschauen kann.

Empfangen wurden wir von einem bestens ausgebildeten Kellner, der uns zu unserem Tisch geleitete. Beim Bringen der Speisekarte klärte er uns gleich über die Philosophie des Lokals auf. Alle Speisen sollen, so wie es im asiatischen Raum üblich ist, geteilt werden. Geboten wird asiatische Fusionkitchen.

Nach kurzem Überlegen entschieden wir uns für Miss Chos Menü zum Teilen für zwei zum Preis von 110,- Euro.

Bevor das Mahl begann, bekamen wir nach aisatischer Manier feuchte Handtücher zur Reinigung überreicht. Und wie es sich gehört, waren die warm. Im Memori bekommt man die ja auch. Dort sind sie aber leider kalt.

Als ersten Gang bekamen wir Rotes Curry / Miesmuschel / Wasserkastanie. Jeder Gang wurde vom Ober ausgiebig erklärt.

Das Curry war eine Suppe, die am Tisch auf die Miesmuscheln und Wasserkastanien aufgegossen wurde. Die Geschmacksnuancen harmonierten perfekt. Die Muscheln waren wirklich gut, auch die Wasserkastanien. Das war der einzige Gang, der nicht geteilt werden musste. Jeder bekam sein eigenes Süppchen. Nach diesem Gang war ich gut gestimmt, was die restlichen Gänge betrifft.

Dann bekamen wir Edamame mit Chili und Knoblauch.

Auch die fand ich sehr gut. Sie waren richtig gut gewürzt, die Chili hat sich nicht in den Vordergrund gedrängt.

Die nächsten 3 Gänge kamen gleichzeitig.

Da waren einmal Ebi Garnelen mit Gurke und Dill.

Die Gurke und der Dill waren irgendwie in Kügelchen bzw. Pürees verarbeitet. Sie waren alle 3 sehr gut, auch die Garnelen. Hat absolut gepasst.

Hervorragend waren die Thunfischbäckchen in Shiso-Ponzu-Sud mit Pastinakenpüree.

Das Foto ist leider mehr als bescheiden. Sie waren wirklich hervorragend und der Shiso hat super dazugepasst. Ich bin ja sonst nicht so ein großer Freund von Shiso, aber hier hat er hervorragend dazugepasst. Das Püree war auch super. Leider konnten wir es nicht vollständig mit den Bäckchen auftunken. Da hätte ich mir bei manchem Gang gerne ein Stückchen Brot dazu gewünscht, damit man die Pürees und Saucen gnadenlos auftunken kann.

Dann kam für mich die größte Überraschung, Sichuan Schweinebauch mit Minze.

Bei Schweinebauch bin ich normalerweise eher zurückhaltend, weil ich fettes Fleisch normalerweise nicht so gerne mag. Der war aber sensationell. Da hätte ich am liebsten noch einmal eine Portion gehabt. Die Chilisauce war wirklich gut und aus Ermangelung eines besseren Ausdrucks muss ich sagen, dass der Schweinebauch einfach nur geil geschmeckt hat. Das war wirklich als ganze Komposition sensationell.

Dann kam der Sushi-Gang. Zuerst präsentierte der Kellner uns die Sojasauce. Die sei ganz speziell,meinte er. Aus Berlin, gereift im Bourbonfass. Als er weg war, mussten wir beide lachen. Na eh, dachten wir uns, wenn’s so ein hippes Lokal ist, muss halt auch die Sojasauce was besonderes sein. Und dann haben wir sie gekostet. Und oh Mann, die war wirklich gut. Also richtig gut. Ich habe noch nie so gute Sojasauce gegessen. Am liebsten hätte ich das Kännchen ausgetrunken. Ich hätte nicht gedacht, dass die Sojasauce zu den absoluten Highlights des Abends zählt.

Das Sushi zählte für mich leider nicht zu den Highlights. Es gab Spicy Salmon Maki und Mango-Gurke-Avocado-Maki.

Beide Maki waren okay, aber jetzt nicht weltbewegend. Also des Sushis wegen würde ich nicht ins Miss Cho gehen. Der Reis bei den Mango-Gurke-Avocado-Maki war mir viel zu körnig. Die Lachsmaki waren okay, aber jetzt auch nicht weltbewegend. Da ist das Sushi im Memori und im Yamamoto eindeutig besser.

Dann kamen die Hauptspeisen. Da war zum einen Saibling mit Kohlrabi und Yuzu Beurre Blanc.

War gut, wenn auch mit den Stäbchen ein bisschen schwierig zu essen. Das Kohlrabipüree war auch hier wieder sehr gut. Der Fisch war in Ordnung, hat mich jetzt aber nicht vom Hocker gehaut.

Zum anderen kam Brennendes Huhn mit einem Gurke-Minze-Salat.

Das Brennende Huhn waren frittierte Stücke vom Huhn. Jetzt nicht schlecht, aber auch nix besonderes. Mir kamen sie einen Tick zu dunkel vor, aber das war beim schlechten Licht schlecht zu sagen. Das wäre für mich der Gang, den ich beim Running Sushi immer an mir vorüberziehen lasse. Der Salat war ein guter Gurkensalat, der durch die Minze einen noch frischeren Touch bekam. Das Foto ist leider sehr verwackelt. Der Vollständigkeit halber ist es hier aber trotzdem.

Dann gab’s auch noch eine Nachspeise, Yuzu Cheesecake mit einem Heidelbeersorbet.

Ich hatte ja kurz ethische Bedenken, einen Buddha zu verspeisen, aber das hielt mich davon dann doch nicht ab. Auch diese Portion war zum Teilen gedacht. Das Sorbet war super fruchtig und hatte eine tolle Konsistenz. Keine Spur von Eiskristallen. Der Teigboden war in Streuselform dargebracht – also Crumble, wie’s auf Neudeutsch heißt – und der Topfen steckte im Buddha. Mir schmeckte alles sehr gut. Egoistisch wie ich bin, hätte ich da auch gerne getrennte Portionen gehabt…

Fazit: Das Ambiente im Miss Cho ist sehr schick und modern, aber auch sehr dunkel. Für ein Restaurant fand ich es etwas eigenartig, zu einer Cocktailbar oder einem Club würde es allerdings gut passen. Aber vielleicht bin ich da auch nicht hipp genug. Da gefällt mir in direktem Vergleich das Memori besser. Das ist auch schick und modern, aber heller. Das Personal war super, wusste über alle Speisen bestens Bescheid und wir fühlten uns wirklich gut betreut. Die ersten Gänge waren Weltklasse. Der Schweinebauch war eine Offenbarung für mich – und auch die Sojasauce war der Hammer. Das Sushi konnte da leider nicht mithalten. Auch die Hauptgänge konnten meiner Meinung nach mit den Gängen davor nicht konkurrieren. Die Nachspeise war wieder ein Volltreffer. Ganz ehrlich werde ich wahrscheinlich nicht noch einmal ins Miss Cho gehen. Das Ambiente war wie gesagt nicht so meins. Einige Gänge waren wirklich exzellent, aber gerade die Hauptspeisen konnten da nicht ganz mithalten. Da investiere ich mein Geld lieber ins Memori, das ich von der Art der Speisen und dem Anspruch am ehesten mit dem Miss Cho vergleichen würde. Dennoch war es sehr gut und ein Erlebnis. Man sollte es zumindest einmal ausprobiert haben.

Meine völlig subjektive Bewertung: 9 von 10 Terrakottakriegern.

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert